Categories
Literatur Literaturpreis

BücherEsel Ep66: Antichristie – Mithu Sanyal

Mahatma Gandhi, Sherlock Holmes und eine ganze Riege Indischer Freiheitskämpfer des frühen 20. Jahrhunderts treffen: Wer träumt nicht davon? Durga, die Protagonistin von Antichristie, Mithu Sanyals neuem Roman, hat die Ehre. Ihre Arbeit verschlägt sie nach London, wo sie zusammen mit einer bunt gemischten Truppe ein Drehbuch für einen neuen, anti-rassistischen, anti-kolonialen Agatha-Christie Film schreiben soll. Bei einem Spaziergang durch die Stadt gerät sie ins Jahr 1906, in einem indisch, männlichen Körper steckend.

Nach einigen Verwirrungen landet sie im India House, dem Haus des Anwalts Shyamji Krishna Varmas, der von hier den Widerstand gegen die Britische Kolonialherrschaft in Indien organisiert. Durch ihre indischen Wurzeln und die Faszination ihrer deutschen Mutter mit indischen Freiheitskämpfern kennt sie viele von den Bewohnern aus Erzählungen und Geschichtsbüchern. Auch ihren Zimmergenossen Vinayak Damodar Savarkar, der spätere Mitbegründer der radikalen Hindutva-Theorie, die Indien zu einem hinduistischen Staat machen möchten. Sie ist entsetzt und fasziniert zugleich. Und beginnt über Kolonialismus, Widerstand und Gewalt nachzudenken.

Es beginnt eine tiefe Diskussion mit allen Bewohnern, die sich durch die 544 Seiten zieht und durchaus nicht immer einfach zu lesen ist. Aber die Fragen, die Mithu sich und allen, stellt sind essenziell. Heiligt ein Zweck die Mittel? Darf man Gewalt gegen Gewalttäter anwenden? Und welche Sichtweise auf Geschichte ist die richtige?

Die Zeit nennt Antichristie “den großen postkolonialen Roman”, und damit liegt sie richtig. Auf zwei Zeitebenen wird der Kolonialismus auseinandergenommen und diskutiert. Es wird eigentlich nur geredet, ständig und immer. Das ist anstrengend, zumal die meisten real-historischen Protagonisten aus dem India House der Leserschaft vermutlich gänzlich unbekannt sind. Zum Trost gibt es einige bekanntere Persönlichkeiten. Die Queen ist gerade gestorben, aber Gandhi und Sherlock Holmes haben Gastauftritte. Und für alle anderen gibt es ein Personenverzeichnis am Ende.

Unsere nicht minder heiße Diskussion und unser Fazit hört ihr in unserer aktuellen Podcast-Folge.

Wir wünschen euch Frohe Weihnachten und einen Guten Rutsch ins Jahr 2025!

Weitere Infos:

Categories
Interview

BücherEsel Ep.65: Billie – Stefan Cordes

Vor 403 Jahren ist sie in Greifwald, in Pommern geboren worden: Sybilla Schwarz, eine von Deutschlands ersten weiblichen Dichterinnen. Ihre Zeit war eine düstere, es war mitten im Dreißigjährigen Krieg und die Armeen der Katholiken und der Schweden ziehen plündernd und mordend durch Deutschland. Inmitten des Horrors des Krieges entdeckt die junge Sybilla ihre eigene Stimme und schreibt Gedichte trotz des schrecklichen Krieges, der um sie herum passiert.

Stefan Cordes hat ihr mit seinem Debüt Roman Billie – Ich fliege Himmel an mit ungezähmten Pferden ein literarisches Denkmal gesetzt und bringt sie uns nah als das, was sie war – eine junge Frau mit Träumen, Sehnsüchten und einem großen Talent und einer Liebe für die Poesie.

Und obwohl es mehr als 400 Jahre her ist, dass Sybilla Schwarz ihr kurzes Leben gelebt hat, schafft er es, sie herrlich lebensnah, authentisch und sehr modern anmutend zu porträtieren. Sybilla und ihre Familie, der schreckliche Krieg, der ihr Leben zu zerstören droht, aber auch ihre Freundschaft und Liebe zu Judith Tank, mit der sie einen friedlichen Sommer verbringt.

Stefan Cordes schafft es in einer düsteren Zeit, die geprägt ist von Krieg, Pest, Tod und Hexenverfolgung, ihre Geschichte mit viel Humor zu erzählen und lässt uns mit Sybilla leben, fühlen und leiden.

Wir sprechen heute mit dem Autor persönlich, der uns viel über sein Buch, seine Motivation und auch über Sybilla Schwarz erzählt.

Stefan Cordes mit seinem Roman

Weitere Infos:

Lesungen mit dem Autor gibt es folgende:

  • 21.10. Grimmelshausen Buchhandlung, Oberkirch

Categories
Interview

BücherEsel Ep64: Amaryllis – Jutta Speidel

Unsere aktuelle Folge ist mal wieder ein Interview. Jutta Speidel, bekannt aus Film, Theater und Fernsehen, hat ein Buch geschrieben und wir haben es gelesen. Heute ist sie bei uns im Podcast zu Gast und stellt uns ihren Roman Amaryllis vor.

Wir sprechen natürlich über das Buch und wie Jutta Speidel zum Schreiben gekommen ist. Wie viel von ihr selbst in dem Buch steckt und wie sie überhaupt auf das Thema gekommen ist.

Das Buch erzählt die bewegte Lebensgeschichte von Valerie, einer Clownin, von ihrer Kindheit am Bodensee, über ihr Erwachsenwerden und ihren Traum vom Zirkus, durch den sie ihre große Liebe Lorenzo kennenlernt. Beide wollen Clowns werden und besuchen eine Zirkusschule. Doch während Lorenzo der große Durchbruch gelingt, bleibt Valerie stets in seinem Schatten, auch wenn sie seine Managerin, Choreografin und Muse wird. Sie lieben und respektieren sich, aber da ist auch immer ein leichtes Gefühl von Melancholie, es doch nicht selber ins Rampenlicht geschafft zu haben.

Ein Buch über eine unabhängige Frau, die mutig ihren unkonventionellen Weg geht und trotzdem Verlustängste hat.

Jutta Speidel reist durch Deutschland um ihr Buch den Menschen im Land näher zu bringen. Wer Interesse an einer ihrer musikalischen Lesungen hat, es gibt folgende Termine:

Mehr Informationen:

Categories
Literaturpreis

BücherEsel Ep63: Women’s Prize for Fiction 2024

Es ist schon fast eine Tradition, dass wir die Shortlist des Women’s Prize for Fiction besprechen. Sechs englischsprachige Romane von Autorinnen aus der ganzen Welt. Jedes Jahr sind hier tolle Bücher am Start, so dass sich der Aufwand, über den Tellerrand zu schauen, wirklich lohnt. Dieses Jahr ist die Auswahl nicht ganz so bunt und abwechslungsreich wie in manch anderem Jahr, aber es sind trotzdem sechs tolle Bücher dabei, die wir für euch (an-) gelesen bzw. gehört haben.

  1. Enter Ghost von Isabella Hammad
  2. The Wren, The Wren von Anne Enright
  3. Soldier Sailor by Claire Kilroy
  4. Brotherless Night by V.V. Ganeshananthan
  5. River East, River West by Aube Rey Lescure
  6. Restless Dolly Maunder by Kate Grenville

Alles tolle Bücher, es geht von Palästina über Irland und Sri Lanka nach China und Australien. Mehr zu den Autorinnen und den Büchern erfahrt ihr in unserer neuen Podcast-Episode.

Die Preisverleihung wird am 13.06. stattfinden und wir werden euch natürlich auf dem Laufenden halten, welches der sechs Finalisten das Rennen macht.

Mehr Informationen:

Categories
Literatur

BücherEsel Ep62: Du und ich und der Sommer

Wir verlassen das Fantasy-Genre und wenden uns einem TikTok Buchhit zu, der bei uns in Deutschland Wellen geschlagen hat. Es geht um das Buch des russisch/ukrainischen Autoren-Duos Malisowa/Silwanowa Du und ich und der Sommer. Das Buch wurde in Russland erst zum Bestseller, dann dank seiner LGBTQ-Thematik, verboten. Putin und sein Russland erklärten es zum Abschaum und seine Autorinnen zu ausländischen Agentinnen, die Russland von innen korrumpieren wollten. Der unschuldige Roman einer ersten gleichgeschlechtlichen Liebe schlug Wellen und führte zur Flucht beider Autorinnen.

Elena Malinowa lebt heute mit ihrer Familie in Deutschland und Katarina Silwanowa kehrte in ihre Heimatstadt Charkiw in der Ukraine zurück, wo sie tagtäglich russischen Raketenangriffen trotzt.

In Russland ist das Klima gegenüber Homosexuellen eisig. Zwar steht Homosexualität nicht unter Strafe wie noch in der UDSSR, aber es gibt strenge Gesetze gegen LGBTQ-Propaganda und ein Verbot der LGBTQ-Bewegung, die in Russland als extremistisch eingestuft wird, obwohl nicht klar ist, wer das eigentlich sein soll.

Das Buch ist also auch politisch relevant. Als Zeichen für Toleranz und gegen Ausgrenzung Menschen anderer sexueller Orientierung. Denn die Autorinnen erzählen ganz einfach eine Liebesgeschichte. Wie sie millionenfach jeden Tag passiert. Und Liebe ist Liebe, egal ob zwischen einer Frau und einem Mann, zwei Männern oder zwei Frauen. Genau das ist die Botschaft, die die Autorinnen herüberbringen wollen. Einfach und irgendwo unschuldig. Der Sommer der ersten Liebe.

Zwei weitere Teile sind zurzeit in Arbeit und werden im Laufe des Jahres 2024 wohl auch im Blanvalet Verlag veröffentlich werden.

Wir haben das Buch als Rezension-Exemplar von der Verlagsgruppe Penguin Random House erhalten!

Mehr Infos:

Categories
Fantasy

BücherEsel Ep61: Olivia Blake – Masters of Death

Nach einer langen Pause gibt es heute eine neue Episode des BücherEsels. Keine Sorge, uns gibt es noch und wir lesen auch noch. Nur mit dem Podcasten fällt es uns zur Zeit schwer, Termine zu finden. Und das obwohl wir eigentlich eine Reihe spannender Bücher für euch in der Pipeline haben, die wir alle in den nächsten Tagen und Wochen noch besprechen wollen. Also, freut euch auf viel neues Lesematerial!

Heute bleiben wir nochmal im Fantasy-Genre und stellen euch ein nicht ganz so bekanntes Buch einer sehr bekannten Fantasy-Autorin vor. Masters of Death von Olivia Blake wurde bereits 2018 im Selbstverlag veröffentlicht. Nach dem großen Erfolg der Atlas-Trilogie hat der Tor Verlag das Buch noch einmal 2023 herausgebracht. Leider ist das Buch bis heute nicht auf Deutsch übersetzt worden. Fans müssen es auf Englisch lesen.

Ich habe das Buch letzten Dezember in einer Buchhandlung am Athener Flughafen entdeckt. Das Cover hat mich sofort angesprochen und auch der Klappentext ist ansprechend.

Es geht um die Immobilienmaklerin Viola Marek, die ein sehr spezielles Herrenhaus verkaufen soll. Sowohl Viola als auch das Haus haben ein Problem: Viola ist ein Vampir und ihr Objekt wird von dem Geist von Thomas Parker, dem letzten Erben der Parker Familie und Besitzer des Hauses, heimgesucht. Und dieser hat sich in den Kopf gesetzt, den Verkauf seines Hauses zu verhindern.

Um ihn loszuwerden, kontaktiert Viola, Fox de Moira, ein Medium. Fox ist zwar ein schamloser Betrüger, aber er ist praktischerweise auch Patensohn des Todes. Und damit durchaus geeignet, das Rätsel um den Tod von Thomas Parker. Doch die Geschichte nimmt eine rasante Wendung und plötzlich werden Viola, Fox und Tom in eine ganz andere, viel größere Sache hineingezogen.

Uns hat das Buch gefallen, weil es erfrischend anders ist. Die Geschichte entwickelt sich in eine ganz andere Richtung und nimmt den Leser auf eine spannende Reise durch Himmel und Hölle. Wir begegnen neben Vampiren und Geistern noch Dämonen, Engel und natürlich auch dem Tod selbst. Auch Raphael und Gabriel, die Erzengel, sind mit dabei. Die Autorin nimmt uns mit ins Reich der Unsterblichen und sie macht das mit viel Fantasie. Denn die Dinge sind nicht so, wie sie scheinen. Denn am Ende geht es um ganz menschliche Gefühle: Liebe, Leidenschaft, Neid und Gier. Und alle Kreaturen in dem Buch, sie sind zutiefst menschlich.

Weitere Infos:

Categories
Fantasy

BücherEsel Ep60: Emily Wildes Enzyklopädie der Feen – Heather Fawcett

Und wir bleiben auch im Neuen Jahr erstmal im Fantasy-Genre, auch wenn unser heutiges Buch sehr wenig mit dem aus der letzten Episode zu tun hat. Wir haben dieses Buch durchaus auch wegen des hübschen Covers gekauft: Emily Wildes Enzyklopädie der Feen von der kanadischen Autorin Heather Fawcett ist ganz am anderen Ende des Fantasy Genres angesiedelt als Der Knochenwald und es geht auch nicht um Ungeheuer, sondern, wie der Titel schon sagt, um Feen. Das Buch spielt zu Beginn des 20. Jahrhunderts in einem fiktiven nordischen Land, und die Hauptperson ist die Wissenschaftlerin Emily Wilde, die dorthin zu einer wissenschaftlichen Feldforschung aufbricht, um Material für ihre Enzyklopädie der Feen-Völker zu sammeln. Emily ist Professorin in Cambridge, Forscherin und führende Expertin für Dryadologie oder Feenkunde.

In Hrafnsvik, einem kleinen Kaff irgendwo im Nirgendwo, möchte sie Feldforschung zu den höfischen Feen betreiben, den sogenannten Verborgenen, eine geheimnisvolle Feenspezies über die bisher sehr wenig bekannt ist. Mit anderen Menschen kann sie eher wenig anfangen und stößt gleich zu Anfang die Dorfbewohner gehörig vor den Kopf. Sehr zu ihrem Ärger taucht auch noch ihr Rivale aus Cambridge, Wendell Bambleby auf und mischt sich in ihre Forschung. Sie ist sich nicht sicher, was sie von Bambleby halten soll. Er ist ihr einziger Freund und gleichzeitig ihr Konkurrent auf dem Forschungsgebiet der Dryadologie. Außerdem ist er irgendwie komisch und er bringt ihr Leben und ihre Arbeit durcheinander. Bald findet sich Emily in einer gefährlichen Situation nach der anderen wieder, die ihre ganze Erfahrung und ihr Geschick erfordern.

Der Tor-Verlag, bei dem die deutsche Ausgabe erschienen ist, bezeichnet das Buch als Cozy-Fantasie mit magischen Kreaturen und das trifft es ganz gut. Es ist ein nettes Buch, mit mehr als nur einem schönen Cover.

Der zweite Band der Serie ist auf Englisch bereits veröffentlicht. Die deutsche Übersetzung Emily Wildes Atlas der Anderswelten wird im Juni 2024 erscheinen.

Weitere Informationen:

Categories
Fantasy

BücherEsel Ep59: Der Knochenwald – Christina Henry

Christina Henry ist eine Spiegel-Bestsellerautorin und wir sind schon eine Weile um ihre Bücher herumgeschlichen. In Deutschland wurde sie durch ihre düsteren Märchenadaptionen bekannt und ist unter den Fans des Fantasy-Genre eine feste Größe. Im Herbst erschien ihr neues Buch Der Knochenwald in deutscher Übersetzung beim Penhaligon Verlag, der Teil der Penguin Random House Gruppe ist. Wir haben also flugs Rezensionsexemplare bestellt um endlich einmal was von Christina Henry lesen zu können. Am Ende war das Buch dann ganz anders als erwartet. Statt ein Monster, gab es mehrere und statt Fantasy Horror erwartete uns eher ein Psycho-Thriller mit Ausflug ins übernatürliche.

Im Buch geht es vor allem um die toxische Beziehung zwischen Mattie und William. William ist ein gewalttätiger Mann der Mattie schlägt, sie missbraucht und ihren Alltag kontrolliert. Mattie seine erheblich jüngere Frau, muss sich ihm bedingungslos unterordnen. Beide leben in einer kleinen Berghütte, weit ab der Zivilisation, fast autark. William jagt und stellt Fallen auf. Mattie kümmert sich um den Haushalt und ihre einzige Zerstreuung ist die Bibel.

Eines Tages entdeckt sie beim Kontrollieren der Fallen, die Spuren eines großen Tiers. Oder ist es überhaupt ein Tier? Mit dem scheinbaren Idyll ist es nun vorbei, denn das Tier oder Ungeheuer lockt auch Kryptozoologen an die William in die Quere kommen. Denn er scheint etwas zu verbergen, was mit Mattie zu tun hat. Sie beginnt ihre Beziehung mit William zu hinterfragen und denkt zum ersten Mal ernsthaft über eine Flucht nach. Vor allem stellt sich ihr die immer drängendere Frage, wo sie eigentlich herkommt.

Wir diskutieren einmal mehr kontrovers über ein interessantes Buch ohne entscheidende Details zu verraten. Hört mal rein, es wird spannend!

Mehr Informationen:

Categories
History

BücherEsel Ep58: Ich, Lady Macbeth – Isabelle Schuler

Wir blicken zurück nach Schottland im 11. Jahrhundert zu der historischen Lady Macbeth, die Shakespeare zu einem seiner großartigsten Dramen überhaupt inspiriert hat. Und sicherlich zu seiner stärksten weiblichen Hauptperson. Lady Macbeth oder Gruoch Ingen Boite, war schottische Königin von 1040 bis 1057.

Eine Zeit, die man mit Fug und Recht als das finstere Mittelalter bezeichnen kann. Die schottische Politik war ein Hauen und Stechen. Der Adel tief zerstritten und das Land ständigen Bedrohungen aus dem Osten und dem Süden ausgesetzt. MacBethad mac Findaichs 17-jährige Regierungszeit war vergleichsweise friedlich und ihr ging vermutlich kein heimtückischer Königsmord voran, wie es uns Shakespeare erzählt.

Die Idee von Isabelle Schuler, die Geschichte hinter der faszinierenden Person Lady Macbeth zu erzählen, ist toll. Denn Shakespeares Hauptperson ist eine gestandene Frau, zerfressen von Ehrgeiz und Ambitionen Königin zu werden. Psychopathisch plant sie den Mord an König Duncan. Über sie selbst erfahren wir in dem Stück extrem wenig. Wo kommt sie her, wie ist sie zu dem geworden, was sie ist?

Isabelle Schuler hat sich mit den dünnen Quellen, die wir aus dieser Zeit noch haben, intensiv auseinandergesetzt. Ihr Werk ist sicherlich mehr Fiktion als Geschichte, aber sie zeichnet den Weg des Mädchens Gruoch gut nach und erzählt ihre Geschichte, wie sie passiert sein könnte. Modern und zeitgemäß. Gruoch ist so ganz anders als Shakespeares Lady Macbeth und doch erkennen wir den brennenden Ehrgeiz wieder und den Willen Königin zu werden, koste es, was es wolle.

Und sie hatte ein Leben vor ihrem zweiten Ehemann Macbeth. Vor dem angeblichen Königsmord.

Wie immer besprechen wir ein interessantes Buch im Details vor dem Hintergrund der schottischen Geschichte und entdecken einige spannende Details.

Mehr Infos:

Categories
Literatur

BücherEsel Ep57: Victory City – Salman Rushdie

Wir stellen euch heute das neue Buch einer der Großen der englischsprachigen Literatur vor. Wir haben Salman Rushdie eigentlich schon seit den Anfängen des BücherEsels auf dem Zettel, aber irgendwie hatten wir bisher noch keine passende Gelegenheit. Dieses Jahr ist uns Salman Rushdie geradezu ins Gesicht gesprungen, sein neues Buch Victory City ist Anfang des Jahres erschienen und er wurde mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet. Nachdem schweren Attentat auf ihn 2022, endlich wieder positive Nachrichten.

Salman Rushdie ist seit fast einem halben Jahrhundert Schriftsteller und er nimmt kein Blatt vor den Mund. Nach seinem großen Erfolg Mitternachtskinder, hat ihm sein umstrittenes Buch Die Satanischen Verse, eine Fatwa und ein Kopfgeld von mittlerweile 3,4 Millionen Dollar von Ajatollah Khomeini eingebracht. Drei Jahrzehnte seines Lebens hat Rushdie auf der Flucht vor Attentätern verbracht, er steht immer noch unter Polizeischutz, auch wenn er sich mittlerweile weigert, sein Leben im Untergrund zu verbringen.

In seinen Büchern, genauso wie in Vorträgen und Artikeln, wird Rushdie nicht müde, auf die Gefahr, die von religiösem Fanatismus ausgeht, zu warnen. Auch deshalb ist und bleibt er Zielscheibe von Fundamentalisten und wurde letzten August, 23 Jahre nach Aussprechen der Fatwa, von einem Attentäter schwer verletzt.

Er konnte deswegen Victory City nicht selber vorstellen, auch wenn das fertige Manuskript zu diesem Zeitpunkt schon beim Verlag in Bearbeitung war. Die Vorstellung haben dann Margaret Atwood und Neil Gaiman, zwei Schwergewichte des amerikanischen Literaturbetriebs übernommen.

Victory City ist wieder ein wunderbares Beispiel für den Geschichtenerzähler Rushdie. Als Vorbild hat er sich dieses Mal das indische Königreich Vijayanagar aus dem 14. Jahrhundert genommen und es mit magischen Elementen gemischt, um sein Buch als Übersetzung eines alten Sanskrit Epos zu präsentieren.

Es geht um das Mädchen Pampa Kampana, das nach einem Krieg mitansehen muss, wie sich seine Mutter, zusammen mit anderen Frauen der Stadt, auf dem Scheiterhaufen selbst verbrennt. Sie beschließt für sich, dass keine andere Frau mehr dieses Schicksal erleiden soll und tatsächlich erhält sie von einer Göttin übernatürliche Fähigkeiten und ein 247 Jahre langes Leben, um eine Stadt aus Saatgut entstehen zu lassen und die Bewohner nach ihren Wünschen zu formen.

Doch ihre Bewohner, die für sie wie Kinder sind, entwickeln ihre eigenen Vorstellungen und obwohl Bisnagar als Ort der Toleranz und des Feminismus geplant war, kommt es anders. Denn Intoleranz, Intrigen und Dummheit sind leider auch menschlich. Und so ist die Geschichte Bisnagars ein Auf und Ab und Pampa Kampana sieht wie ihr Traum in Erfüllung geht und am Ende sich selbst zerstört.

Wie immer diskutieren wir kontrovers und entdecken einige spannende Details und Unterschiede zwischen der Originalausgabe und der deutschen Übersetzung.

Weitere Informationen:

Victory City: Podiums Diskussion mit Neil Gaiman und Margaret Atwood